Der Einladung zum Neujahrsausflug in das Dorf Lützerath am Rande des Tagebaugebiets Garzweiler 2 waren am 08.01.2023 rund 120 Aktivist:innen der Münsteraner Klimabewegung gefolgt.
Das Eingangsreferat hielt ein Geochemiker und erläuterte, warum mit dem weiteren Abbaggern der Braunkohle im Rheinland das 1,5-Grad-Ziel Deutschlands definitiv nicht mehr eingehalten werden kann. „Eine Tonne Braunkohle entspricht bei der Verbrennung einer Tonne CO2 und ist somit eins zu eins umzurechnen. Daher ist Braunkohle die mit Abstand dreckigste Energieform!“ Sonja-Maria Micudaj von „Health for Future“ führt aus: „Dass Deutschland dazu die Kohle definitiv nicht braucht, belegen wissenschaftliche Studien. Ebenso ist bekannt, dass das weitere Anheizen des Klimas weite Gebiete der Erde unbewohnbar machen wird und viele Kriege ausgelöst werden. Daher ist der Erhalt von Lützerath auch eine Frage der globalen Klimagerechtigkeit, weil schon heute die ärmsten Länder der Welt, die am wenigsten zu der Klimaerwärmung beigetragen haben, am meisten darunter leiden.“
Die Münsteraner Gruppe gewann im besetzten Ort Lützerath, das mittlerweile direkt an der Abbruchkante liegt, einen guten Eindruck von der Infrastruktur des besetzten Dorfes. Dort leben seit zwei Jahren ca. 500 junge Menschen, die sich dem größten CO2-Emittenten Deutschlands – RWE – entgegenstellen. Durch ihren Aufenthalt verhindern sie das Abgraben von ca. 110 Millionen Tonnen Braunkohle unter ihnen.
„Die 1,5 Grad Grenze verläuft deshalb genau vor Lützerath, da durch das Abbaggern und Verfeuern der Braunkohle unter dem Dorf Deutschland sein – beim Pariser Klimaabkommen – unterzeichnetes Ziel unwiederbringlich verfehlen wird. Deshalb muss die Kohle hier im Boden bleiben, ergänzt die Biologin Mariele Wischer, die sich der Reise angeschlossen hat.
Gutachten bestätigen, dass zur Sicherung der Energiekrise die Kohle unter Lützerath nicht benötigt wird, da im Abbaugebiet bereits noch 300 Millionen Tonnen Braunkohle zur Verfügung stehen. Weitere Info dazu unter muenster-klima.info.de.
Am 08.01.2023 haben knapp 7000 Menschen den Widerstand der Aktivisten vor Ort unterstützt und konnten als Besucher*innen bei einem Dorfspaziergang das entstandene Dorfleben kennen lernen. Sie bekamen eine Führung durch den kleinen Ort Lützerath, sahen die teilweise denkmalgeschützten Gebäude, Wiesen, Felder, Gedenkstätten, die neu entstandenen Wandbilder und kunstvoll gebauten Baumhäuser. Auch die Geschichte des ersten Baumhauses von Lützeraths wurde erzählt:
Das Baumhaus wurde in eine alte Linde des Dorfes gebaut. Altersbestimmungen und Nachforschungen deuten darauf hin, dass es sich eine im Jahre 1648 gesetzte Linde handeln könnte, die von dort ansässigen Mönchen und Nonnen – wie damals durchaus landesweit üblich – als Dank für die Erreichung des Westfälischen Friedens gepflanzt wurden. Auch dieses historische Friedenszeichen ist heute mit von der Rodung bedroht, da die unter ihr liegende Kohle ironischerweise eine Energiekrise bewältigen soll, die wiederum durch einen Krieg ausgelöst wurde. Ebenso ist bekannt, dass das weitere Anheizen des Klimas weite Gebiete der Erde unbewohnbar machen wird und viele Kriege ausgelöst werden. Daher ist der Erhalt von Lützerath auch eine Frage der globalen Klimagerechtigkeit, weil schon heute die ärmsten Länder der Welt, die am wenigsten zu der Klimaerwärmung beigetragen haben, am meisten darunter leiden.
Nach der Führung gab die Rockband „AnnenMayKantereit“ ein kleines Konzert mit eigens neu komponierten Stücken zu Lützerath sowie der Landes- und Bundespolitik im Bereich Umwelt- und Klimaschutz. Danach konnten sich die Münsteraner Gäste wie die anderen Tagesbesucher*innen noch mit einem warmen, frisch gekochten Essen stärken, bevor sie in den von den Besetzer*innen organisierten Shuttle-Bussen nach Erkelenz zurück an den Bahnhof gebracht wurden.
Eine nachdenkliche Gruppe, die den beeindruckenden Protest der Aktivisten vor Ort für eine klimagerechte Zukunft nur friedlich erlebt hatte, fuhr nach diesem Tag zurück nach Münster – wohl wissend, dass es die Zukunft von uns allen in der Klimakrise ist, um die es in Lützerath geht.
Wissenschaftliche Studien, Fotostrecke, Videomaterial auf muenster-klima.info.de