Stellungnahme des Bündnisses KlimaEntscheid zur Beschlussvorlage 0553/2021 MünsterZukunft gemeinsam machen (VO) sowie dem Änderungsantrag (ÄA) der Koalition1
Das Bündnis KlimaEntscheid Münster setzt sich seit Mitte 2020 für die Weiterentwicklung von Partizipationsformaten ein. Daher begrüßen wir ausdrücklich den Beschluss der Vorlage „Öffentlichkeitsbeteiligung“ und des Änderungsantrags der Koalition im Rat am 09.02.2022.
Darin sind erfreuliche Zeichen für eine systematischere und transparentere Beteiligungskultur der Stadtgesellschaft enthalten, sowohl im Bereich der analogen wie der digitalen Partizipation. Einige davon möchten wir hier besonders hervorheben und kommentieren.
- Wir begrüßen insbesondere den entschiedenen Ausbau der Losverfahren. So haben bereits erfolgte, losbasierte Projekte (wie z.B. der Bürger*innen-Dialog „Food System – nachhaltiges Ernährungssystem in Münster“) in die Vorlage Eingang gefunden. Den Beschluss zur Konzeption von losbasierten Bürgerräten unterstützen wir daher ausdrücklich. Bürgerräte sorgen nicht nur für eine breite und nachhaltige Akzeptanz von für eine Transformation notwendigen Maßnahmen (im Mobilitäts- oder Energiebereich), sondern haben auch eine ausgleichende Wirkung auf das allgemeine Gesprächsklima in „aufgeheizten“ Diskussionen. Wir schlagen deshalb vor, dass sich die Verwaltung und die politisch Verantwortlichen nun dazu entschließen, das von uns angeworbene Leuchtturmprojekt „Klima-Bürgerrat“ zu unterstützen, das mit Finanzhilfen des Bundesministeriums für Umwelt gefördert wird (siehe Münster-Klima Info). In Bezug auf den Regionalplan Mobilität ist zudem ein regionaler / interkommunaler Bürgerrat wünschenswert, wie er in der Region Freiburg zum Thema Erneuerbare Energien Ende 2021 beschlossen wurde.
- Wir halten die Bündelung von Informationen über Beteiligungsmöglichkeiten in einem Portal „Münster macht mit“ (ÄA) für notwendig. Das ebenfalls in der Vorlage genannte Open-Source-Tool CONSUL würde diese Bündelung kostensparend ermöglichen. CONSUL ermöglicht darüber hinaus eine deutlich höhere Transparenz in Bezug auf laufende Beteiligungsformate, in dem sich Bürger*innen aktiv mit Vorschlägen direkt einbringen können (sog. initiierende Beteiligung im Bottom-Up Prozess).
- In der Vorlage wird die dauerhafte Einführung eines zufallsgestützten Bürger*innen-Panels geplant. Wir weisen darauf hin, dass die Funktion eines Panels keinesfalls der Feedback-Qualität eines Bürgerrates gleichkommt. Nur in einem Bürgerrat wird durch Information und Deliberation (dem moderierten Austausch) ein Mehrwert erzeugt.
- Erfreulich ist ebenfalls der Beschluss zum Einsatz einer losbasierten Arbeitsgruppe aus Bürgerschaft, Politik und Verwaltung, die die Leitlinien für mehr Partizipation erarbeiten soll (ÄA). Engagierte zivilgesellschaftliche Gruppen in diesem Feld sollten jedoch unbedingt – wie Verwaltung und Politik – auch direkt mit einbezogen werden. Verbindliche und strukturell verankerte Leitlinien gibt es übrigens bereits in über 100 Kommunen in Deutschland. Sie sind ein zentraler Faktor für die Schaffung von Selbstwirksamkeit der Bürger*innen.
- Wir halten es für äußerst sinnvoll und notwendig, dem Themenfeld Klimaschutz/Klimaneutralität als Querschnittsaufgabe durch die Einrichtung einer für alle Dezernate verbindlichen Struktur (ÄA) das erforderliche Gewicht zu verleihen.
- Auch befürworten wir ausdrücklich die Einrichtung eines Beirats Bürgerbeteiligung (ÄA), der die Verbindlichkeit und Qualität von Beteiligungsverfahren erhöhen und aufwerten sollte. Für die noch nicht festgelegte Zusammensetzung schlagen wir eine ausgewogene Mischung aus fachkundigen Bürger*innen, Wissenschaftler*innen, Politik und zivilgesellschaftlichen Initiativen vor.
- Bezüglich der inklusiven Beteiligungsverfahren (ÄA), zu denen laut Änderungsantrag erfreulicherweise Kriterien entwickelt werden sollen, möchten wir als ein bewährtes Vorgehen auf sog. aufsuchende Verfahren hinweisen. Mit persönlichem „Abholen“ in Form von individuellen Gesprächen können Menschen erreicht und oft gewonnen werden, die sich normalerweise nicht beteiligen möchten oder können. Genau deren Lebenswirklichkeiten sind es, die in klassischen Debatten in der Regel nicht vorkommen und dennoch zentrale Bedeutung für den Zusammenhalt einer Gesellschaft haben. Wichtig in diesem Zusammenhang ist auch die Zugänglichkeit von Informationen in Leichter Sprache sowie weiteren, z.B. visuellen Formaten.
- Abschließend möchten wir dringend daran erinnern, dass die Bürgerbeteiligung in unserer Stadt keineswegs bei der bloßen Information und Konsultation von Bürger*innen stehen bleiben sollte. Scheinbeteiligung führt erfahrungsgemäß zu Frustration der Bürgerschaft und einer unnötigen Verschärfung von Konflikten. Vielfach erprobte und professionell durchgeführte Beteiligungsverfahren wie losbasierte Bürger*innenräte bieten dagegen die Chance, politische Verantwortung in wichtigen Fragen bewusst an die Stadtbevölkerung zu übertragen und gerade dadurch bessere und nachhaltigere Problemlösungen zu erzielen. Wir wünschen uns daher eine verbindliche Beteiligung der Bürger*innen, deren erarbeiteten Ergebnisse die Politik verpflichtend bei ihrer Entscheidungsfindung berücksichtigt.
Wir freuen uns, die Stadt Münster auf dem Weg zu partizipativen Strukturen kritisch-konstruktiv zu begleiten!