Ob Protest, Filme oder investigative Recherchen – es gibt ganz unterschiedliche Wege, sich in der Klimakrise zu engagieren.

Ein Text von der Website-Gruppe muenster-klima.info

“Die Zukunft war früher auch besser” – Dieser Spruch von Karl Valentin gilt insbesondere für die Klimabewegung: Ein Extremwetter jagt das nächste, trotzdem haben Klimawandel-Leugner weltweit  Konjunktur und – um im Lokalen zu bleiben – der jüngste weltweite Klimastreik war in Münster quasi nicht existent. Was also tun? Augen zu und durch? Zum Glück gibt es bessere Ideen. In Münster wurden in den vergangenen Monaten gleich mehrere davon vorgestellt: Carla Reemtsma von Fridays for Future sprach über Hoffnung in Zeiten der Krise. Die Organisation urgewald e.V. begab sich im ausverkauften Cinema filmisch auf die „Spuren des Geldes“, das die Klimakatastrophe finanziert. Und Markus Mauthe, Fotograf im Auftrag von Greenpeace, zeigte Orte, an denen man die Kipp-Punkte des Klimawandels schon jetzt empfindlich spürt. Alle drei Termine fanden großes Echo.

Carla Reemtsma hatte wohl auch wegen ihres prominenten Namens mehr als 120 Besucher*innen in die Aula der Uni Münster gelockt. Die hörten einen (zu) weitschweifigen Vortrag, in dem Reemtsma die Grundlagen der Klimakrise referierte und die glorreichen Zeiten von Fridays for Future heraufbeschwor. Beides war unterhaltsam anzuhören, aber nicht neu. Spannender waren Reemtsmas Thesen zur Hoffnung, denn hier rüttelte sie an drei grundlegenden Annahmen: Ich habe Hoffnung. Hoffnung kommt von außen sowie: Man hat Hoffnung oder eben nicht. Alle drei Sätze seien falsch.

Vielmehr sei Hoffnung eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Man braucht sie, um nicht in Zynismus, Apathie, Leugnung oder Ignoranz zu verfallen. Wer zuversichtlich ist, der oder dem sei nicht alles egal. Sie oder er mache trotzdem weiter, erläuterte Reemtsma. Das mochte stimmen. Doch eine Bedienungsanleitung zum Umgang mit Krisen war es nicht gerade. Leider entwarf die Pressesprecherin keine konkrete Vision für die Zukunft, sondern blickte auf vergangene erfolgreiche Zeiten. Reemtsma hat miterlebt, wie 1,4 Millionen Menschen im September 2019 auf die Straße gingen, aber eben auch, wie sie mit ihren Forderungen an der politischen Realität scheiterten. “Es gab 2021 einen Klimakonsens. Aber jetzt kann man mit Politik gegen den Klimaschutz wieder Stimmung machen.” Die Notwendigkeit könnte wieder in Frage gestellt werden. “Da waren wir schon einmal weiter”. Trotzdem hätten Fridays for Future einen Prozess angestoßen. Viele Mitglieder engagierten sich nun in politischen Initiativen auf nationaler und internationaler Ebene, die zeigten: “Wir können es wahrscheinlicher machen, in einer 1,5-Grad-Welt zu leben.”

Warum das dringend notwendig ist und, was jetzt schon auf dem Spiel steht, zeigten die Bilder von Fotograf Markus Mauthe. Er hatte im Auftrag von Greenpeace Orte bereist, an denen Kipp-Punkte sichtbar werden – darunter der Regenwald in Brasilien, die Korallenriffe in Australien oder die Gletscher in Grönland. Seine Bilder und Videoaufnahmen zeigten atemberaubende Naturgewalten. Doch es geht ihm nicht nur um Umwelt-, sondern auch um Menschenschutz. Irgendeine Umwelt wird es auch nach dem Klimakollaps geben. Doch die Menschen, die schon jetzt täglich mit den Folgen der gobalen Erwärunung konfrontiert werden, können dort nicht überleben. Sie werden schon jetzt zu „Klimaflüchtlingen“. Hinter dem unpersönlichen Begriff verbergen sich Menschen wie du und ich, die aufgrund des Klimawandels schon jetzt ihre gewohnte Umgebung verlieren und in anderen Ländern Schutz suchen. Ihre Zahl steigt sprunghaft, je näher wir den Kipp-Punkten kommen. Wollen wir unseren Planten und damit die Menschheit vor katastrophalen Folgen bewahren, müssen wir sofort Grundlegendes verändern. Das heißt aber auch: Die wohlklingenden Ziele, die sich Deutschland und andere Staaten bis 2045 gesetzt haben, sind nicht ansatzweise ambitioniert genug. Doch was könnten wir alle konkret tun?

Auf diese Frage gab urgewald einige inspirierende Antworten. Die Organisation wandelt “auf den Spuren des Geldes” und zeigte im gleichnamigen Film, wie effizient Gruppen sein können, wenn sie sich auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren. Unter dem Motto “Follow the Money” deckt das Team von urgewald auf, wer Umweltzerstörung und Menschenrechtsverletzungen auf welchem Weg (mit)finanziert. Die Aktivist*innen machen Druck auf Investoren, Banken und die Politik, Geldströme auszutrocknen und Projekte zu verhindern. Dazu verfolgen sie verschiedene Strategien: So überlassen die „Kritischen Aktionäre“ urgewald ihre Stimme, um bei Hauptversammlungen zu sprechen oder gegen klimaschädliche Projekte zu votieren. Die Recherchen der Aktivisten fließen in umfangreiche Aufklärungskampagnen, mit denen Menschen dazu bewegt werden, ihr Geld bei Banken anzulegen, die sich an Umwelt- und Menschenrechtsstandards orientieren. Und das, was urgewald aufdeckt, ist auch oft die Grundlage, auf der erfolgreiche Klimaklagen erst entstehen können. Diese Expertise macht urgewald ebenso erfolgreich wie überzeugend. Eine Mitarbeiterin meinte im Anschluss der Vorführung auf der Bühne, sie habe sich durch den Film noch einmal neu in urgewald verliebt.

Natürlich ist es motivierend zu sehen, wie die Profis Erfolg haben. Doch man muss sich nicht gleich Vollzeit mit dem Thema beschäftigen, um etwas zu verändern. Wer sich in Klima- oder Umweltschutzgruppen engagieren will, sollte etwas „anbieten“, das sie oder er besonders gern tut oder besonders gut kann. Denn da ist der individuelle Hebel zur Veränderung am größten.