Auf dem Weg zum KlimaStadtvertrag braucht es „uns alle“, so die Einladung der Stabsstelle Klimaschutz. Zur Erstellung eines Vertrages einigen sich die Vertragspartner auf eine Regelung, die beide einhalten wollen. Im Falle des KlimaStadtvertrages „ccc“[1] geht es um eine klimaneutrale Bilanz der Stadt Münster bis zum Jahr 2030. Gemessen daran, war die Bilanz der Klimastadt-Woche 2023 sehr dürftig. Gerade einmal 300 Menschen engagierten sich, das sind genau 1 Promille der Münsteraner Bevölkerung. Das ist eindeutig zu wenig, wenn es darum gehen soll, einen Vertrag für die gesamte Stadtbevölkerung auszuhandeln. Dabei war die Methode eines BarCamps durchaus geeignet und zielführend (siehe Infokasten). Die Ergebnisse, die hier ausgehandelt wurden, zeigen alle, dass ein Teil der Stadtgesellschaft die Puzzlesteine für eine klimaneutrale Stadt zusammensuchen und den Weg dahin konstruktiv gestalten will. Hier einige Beispiele:
- Die Klimakatastrophe nicht verdrängen, sondern darüber miteinander kommunizieren.
- Problemwissen gemeinsam erarbeiten und daraus Handlungswissen machen.
- Suffizienz als glücksbringendes Grundprinzip für unsere Gesellschaft.
- Partizipation der Zivilgesellschaft in kleinen, relevanten Prozessen – möglichst in Nachbarschaften.
- Vertrauensarbeit durch prozessorientierte und verbindliche Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen.
- Umstrukturierung unserer Lebenswelt, damit wir ein klimaneutrales Leben führen können.
Die Abschlussdiskussion der Ergebnisse ergab dann aber eher ein ernüchterndes Bild: Die Stabsstelle Klimaschutz sieht eigentlich gar keine Veranlassung, an dem bisher eingeschlagenen Weg zur Klimaneutralität etwas zu ändern – auch wenn wir dieses Ziel dann laut einer Berechnung des Klimabeirates Münster erst 2090 erreichen. Das öffentlich mitgeteilt zu bekommen war frustrierend.
Die zweite Ernüchterung folgte aber auf dem Fuß: Die Ergebnisse der Veranstaltung werden (nur) an die verantwortlichen Stellen (die Stabsstelle Klimaschutz) weitergereicht. Das erinnert an das Schicksal der eingereichten Beiträge zum Klimastadtvertrag, die wurden bisher – entgegen der Versprechungen – nicht veröffentlicht.
Die dritte Ernüchterung betrifft das Konstrukt „Stadtvertrag“ selbst. Angesichts der Herausforderung wäre es wünschenswert, wenn dieser Begriff eine möglichst verbindliche Vereinbarung bezeichnet. Die Verwaltung legt ihn aber als Absichtserklärung aus. Die guten und wichtigen Ergebnisse von BarCamps wie diesem sind damit im Endeffekt irrelevant.
Abgesehen von diesem fatalen Resultat werden zudem die wenigen Menschen, die noch Interesse haben zu einer lebendigen Zivilgesellschaft beizutragen, ihrer Selbstwirksamkeit beraubt. Sie sind frustriert und bleiben das nächste Mal vielleicht zu Hause. Gleichzeitig kann die Stadt Münster aber behaupten, wieder einmal eine Veranstaltungsreihe absolviert zu haben, um die Bevölkerung zur Mitarbeit beim Thema Klima zu gewinnen – es hat halt nur nicht so gut geklappt. So aber dienen solche Veranstaltungen allein der Legitimation der eigenen Existenz, mehr aber auch nicht. Desweiteren führt dieses Vorgehen zur Verantwortungsdiffusion [2]: Alle Beteiligten können behaupten, sie haben was gemacht, im Ergebnis passiert nichts.
Dennoch gilt: Das BarCamp war die beste Veranstaltung der Stabsstelle Klimaschutz, die wir je erleben durften – das betrifft sogar das Catering. Solche BarCamps und Beteilungsformate wären eine wirksame Maßnahme, um mehr Bürger*innen für das Ziel Klimaneutralität zu gewinnen. Im Idealfall sind diese noch besser beworben und sprechen die Einwohner*innen der einzelnen Quartiere direkt an. Sollten dann gar erste Ansätze dessen realisiert werden, was an diesem Tag besprochen wurde, ist es sehr wahrscheinlich, dass alle, die daran teilgenommen haben, sich weiter engagieren und für dieses wichtige Projekt werben.
[1] Die Beschreibung des „ccc“ gibt es hier zum Download
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Verantwortungsdiffusion
Info-Kasten:
Die Moderationsmethode „Barcamp“ wurde wie folgt organisiert: Nach der Themenklärung (also in diesem Fall: Klima) können die Teilnehmer*innen ihre spezifischen Fragestellungen zu dem Thema ausführen und die Anwesenden einladen, in seiner sog. Session (Workshop) mit ihnen zu dieser Frage zu diskutieren. Die Themenfelder werden danach in ein Zeitraster (Session-Board) eingetragen. Für das Klimabarcamp waren drei Zeitschienen vorgesehen, die von den Teilnehmenden mit jeweils drei parallelen Workshops gefüllt wurden. Die Person, die das Thema vorgeschlagen hat, übernimmt die Moderation der jeweiligen Session. Für jede Session sollte ein*e Protokollant*in gewählt werden, was sicherlich auch gut die städtischen Mitarbeiter*innen hätten übernehmen können. Am Ende wurden sog. Fotoprotokolle angefertigt, die der Stadt durch die externe Moderation des Barcamps zur Verfügung gestellt werden. Parallel haben ein Fotograf und ein Filmer die Arbeit visuell eingefangen und auch Interviews geführt.