Pressekonferenz der unterstützenden Gruppen zum Klimaentscheid

Die Redebeiträge und ergänzende Pressestatemens der VertreterInnen und unterstützenden Gruppen

Klimaentscheid Münster (Teresa Häuser):

Der Klimaentscheid Münster ist eine gruppenübergreifende Initiative der Klimagruppen wie FFF, Parents for Future, Extinction Rebellion, den Scientist for Future und den Umweltgruppen, die schon deutlich länger für Umwelt – und Klimaschutz arbeiten wie FossilFree, die Energiewendegruppe, die im Umweltforum Münster zusammengebundenen Gruppen wie BUND Naturschutz, slow food, vamos. Alle diese Gruppen haben gemeinsam über Monate hinweg in intensiver Zusammenarbeit den “Klimaentscheid” vorbereitet.

Wir fordern den Rat der Stadt Münster auf, die Verwaltung JETZT – das heißt HEUTE damit zu beauftragen, einen konkreten und verbindlichen Maßnahmenplan zu erstellen, mit dem eine echte Klimaneutralität bis 2030 erreicht wird! Das “HEUTE” ist notwendig, damit die Verwaltung sofort und direkt einen klaren Auftrag bekommt, einen wirksamen Maßnahmenplan zu erarbeiten. Dazu sollte sich die Verwaltung unbedingt der Expertise des Klimabeirats bedienen. Dieser Plan muss so rechtzeitig fertig werden, dass er vom neuen Rat der Stadt Münster spätestens im Juli 2021 beschlossen werden kann!

Wir haben keine Zeit zu verlieren!

Wir fordern hier das Notwendige, damit die Erderwärmung gestoppt wird!

Mit echter Klimaneutralität meinen wir den vollständigen Ausstieg aus allen fossilen Energieträgern! Dies bedeutet einen Ausstieg in den Bereichen Energie, Verkehr, Wirtschaft, Gebäude, Landwirtschaft sowie der Nahrungsmittelproduktion.

Mit Klimaneutralitität meinen wir eine 100 % Reduktion aller Emissionen von CO2, und der äquivalenten Gase. Es nützt nichts, wenn wir hier an einem Lebensstil festhalten, bei dem die Erde ausgebeutet und ruiniert wird. Wenn wir glauben, wir könnten durch Ausgleichszahlungen die Rettung des Planeten in den globalen Süden auslagern und uns dort freikaufen, erinnert das schon stark an einen modernen Ablasshandel.

Wir brauchen also einen Maßnahmenplan, in dem die Klimakrise ernst genommen wird. Mit einer “Klimamischpoke”, wie die Verwaltung der Stadt den Bürger*innen das Klimaproblem versucht zu vermitteln, wird das Problem verniedlicht. Den Bürger*innen wird hier u.a. vorgeschlagen, sich bei großer Hitze in die Hängematte zurückzuziehen. Diese Kampagnen zeigen nicht die geringste Korrelation zu der Größe des Aufgabengebietes. Bei der bedrohlichen Hitze, die auf uns zukommt, ist es mit Ausruhen nicht getan. Wir brauchen nicht “ein bisschen Klimaneutralität” oder “Münster bis 2030 möglichst klimaneutral machen”, sondern tiefgreifende, mutige Reformen in fast allen Bereichen des Lebens und Zusammenlebens.

Das betrifft, was wir essen, wie wir wohnen, wie wir uns bewegen – also den Bereich Verkehr/Mobilität.

Das betrifft, wie wir mit dem bisschen Restnatur um uns herum umgehen und ob wir diese auch noch zupflastern möchten.

Das betrifft die Art wie wir bauen, also zeitgemäßes und ressourcensparendes Bauen, nachwachsende Baustoffe verwenden und auf einem Niveau arbeiten, wie es möglich ist: Gemeint ist hier der Passivhausstandard.

Es betrifft aber auch die Bereiche wie wir mit den anderen Lebewesen auf diesem Planeten umgehen: Wir rotten alle Tiere aus, die nicht unmittelbar zu unserer Verwertung oder zu unserem Vergnügen zur Verfügung stehen. Völlig blind für all die Folgen, was Artensterben auch für uns direkt bedeutet.

Wir haben also riesige Probleme, die in allen Ecken darauf hinweisen, dass wir unsere eigene Existenz aushöhlen.

Wir können diese Probleme aber nicht ignorieren, verdrängen und sie auf diese Weise verschwinden lassen! Auf diese Weise können diese großen Herausforderungen nicht bearbeitet werden, wenn wir nicht hinsehen und uns der Realität nicht stellen.

Mutig sein, bedeutet hier mit der Verdrängung aufzuhören. Die Politik muss sich dem Problem stellen und sie muss und kann es uns Bürgen zumuten, dass wir das auch tun.  Denn: Wenn wir so weiter machen, wird sich die Erde immer schneller erwärmen. Das konkrete Ergebnis der Erderwärmung, die wir uns jetzt schon durch unseren modernen Lebensstil eingebrockt haben, ist nicht naturverträglich. Die Hitze für uns bedeutet für die Bäume Dürre. Das ist leider sehr gut überall in den Parks und in den umliegenden Wäldern zu sehen. Allein um das Problem auszuhalten, was hier geschieht – den Tod der Fichten und der dicken alten Buchen – allein dazu müssen wir zusammenstehen. Wir fordern deshalb, dass wir ernst genommen werden mit unseren Sorgen. Unsere Sorgen sind begründet und fundiert begründet.

Politik, Verwaltung, Wirtschaft und alle Bürger*innen dieser Stadt müssen zusammen daran arbeiten, wie Münster klimaneutral werden kann. Das schaffen wir nur gemeinsam.

Der Rat der Stadt Münster hat heute die Gelegenheit die Grundlagen dafür zu schaffen. Verzögern Sie diese Entscheidung nicht! Wir brauchen Sie! Sie können in dieser Sitzung heute schon vor der Wahl  ihre Wahlversprechen einhalten. Klimaentscheid ist ein gruppenübergreifendes Gremium. Wir haben es geschafft gut miteinander zu arbeiten, um heute hier zu stehen und diese Forderungen an Sie heranzutragen. Folgen Sie unserem Beispiel, entscheiden Sie diesen Antrag unabhängig von Ihrer Partei und unabhängig von der Partei, die “unsere” Anregung in die Ratssitzung eingebracht hat.

Arbeiten Sie zusammen für einen wirksamen Klimaschutz!

Extinction Rebellion Münster (Paula Blumenschein und Mariele Wischer):

Wir von Extincition Rebellion wollen die Rebellion für das Leben!!

Die Klimakrise bedroht das Leben das Leben auf diesem Planten, unser Leben, das Leben unser Kinder, und Enkelkinder und das Leben von Tieren und Pflanzen, die unwiederbringlich aussterben – schon jetzt! Laut IPCC/Weltklimarat sind wir schon jetzt
bei einer globalen Erwärmung durch menschengemachten Klimawandel von mehr als 1 °C im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter. Im Pariser Abkommen wurde sich darauf
geeinigt, die globale Erwärmung auf 1.5°C zu begrenzen. Dies ist rein
physikalisch und technisch möglich – es scheitert jedoch an der
politischen Umsetzung. Bei den jetzigen politischen Zusagen steuern wir
laut Weltklimarat zwischen 2030-2052 auf eine 1.5°C globale Erwärmung zu
und bis zum Ende des Jahrhunderts auf eine 3°C globale Erwärmung – eine
unvorstellbare Katastrophe für die komplexen Ökosysteme auf unserem
Planeten und damit auch für uns Menschen. Diese wissenschaftlichen
Befunde müssen gehört werden. Wir von Extinction Rebellion fordern
daher:

  1. SAGT DIE WAHRHEIT!
    Die Regierung muss die existenzielle Bedrohung der ökologischen Krise
    offenlegen und den Klimanotstand ausrufen. Alle politischen
    Entscheidungen, die der Bewältigung der Klimakrise entgegenstehen,
    werden revidiert. Die Regierung, die Medien und alle anderen
    gesellschaftlichen Institutionen müssen kommunizieren, wie dringend
    notwendig ein Umsteuern ist und was jede:r Einzelne, jede Gemeinde und
    jedes Unternehmen dazu beitragen kann.

Hier ist natürlich auch die Stadt Münster gefordert. Wir fordern die
Politikerinnen im Rat auf, sich der mutig der Wahrheit über den Zustand dieses Planeten zu stellen und dies auch an die Bürgerinnen zu
kommunizieren.

  1. HANDELT JETZT!
    Die Regierungen überall auf der Welt müssen JETZT HANDELN -um die vom Menschen verursachten
    Treibhausgas-Emissionen auf Netto-Null zu senken. Das Artensterben muss
    gestoppt werden und der ökologische Raubbau mit allen Mitteln eingedämmt
    und – wenn möglich – wieder rückgängig gemacht werden. Zentrales Ziel
    der Gesellschaft ist in Zukunft, das Klima und die Ökosysteme der Erde
    so zu stabilisieren, dass sie allen Menschen und allen Arten ein
    sicheres Zuhause bietet.

Für die Politiker*innen hier vor Ort in Münster bedeutet dies, dass es nicht ausreicht die Klimaneutralität bis 2030 zu beschließen, sie muss auch mit ausreichenden Maßnahmen
umgesetzt werden – und zwar sofort. Wir haben keine Zeit zu verlieren!

  1. POLITIK NEU LEBEN!
    Die Regierung muss eine Bürger:innenversammlung für die notwendigen
    Maßnahmen gegen die ökologische Katastrophe und für Klimagerechtigkeit
    einberufen. Die Regierung muss nach deren Beschlüssen handeln.

Wir fordern, dass auch in der Stadt Münster Bürger*innenbeteiligung
gefördert wird. Der Antrag des Klimaentscheids, der es in den Rat
geschafft hat ist schon ein erster Erfolg in die richtige Richtung: ein
Antrag, entwickelt von einem breiten Bündnis verschiedener Klima- und
Umweltgruppen aus der Zivilgesellschaft findet Eingang in den Rat und
wir dort zur sofortigen Beschlussfassung vorgelegt. Nun bleibt
abzuwarten, wie sich die verschiedenen Fraktionen diesbezüglich
verhalten: Werden sie die Klimapolitik, die sie auf ihren Wahlplakaten
anpreisen auch umsetzen? Wir fordern alle Ratsmitglieder auf, dem Antrag
zuzustimmen und damit ihren großen Worten auch Taten folgen zu lassen!

Münster – Stadt der Zuflucht (Kalle Neubert):

Fluchtgrund Klima: Seit mehreren Jahren fordern wir in einem Bündnis von vielen Städten in Deutschland und Europa, z.B. Bremen, Marburg, Barcelona, Sheffield, Breslau um nur einige zu nennen, so auch hier in Münster, die Aufnahme und Integration von Flüchtenden in die Verantwortung der Städte zu übertragen und sie dafür mit europäischen Mitteln und Mittel aus den jeweiligen Ländern auszustatten. Dabei sollten in einem ersten Schritt geflüchtete Menschen aus den menschenunwürdigen Lagern Griechenlands und Südeuropas in die Städte geholt werden, die sich dazu bereit erklärt hatten. Solidarische Aktionen solcher Art wären u.E. erheblich besser zu organisieren, als dass europäische und nationale Politiker*innen im Streit um Zuständigkeiten nichts zustande bringen.
Die unrühmliche und menschenverachtende Rolle unseres Innenministers Seehofer ist hier hinlänglich bekannt und spricht Bände. Durch die engagierte Arbeit von „Seebrücke Münster“ konnte hier im letzten Jahr zunächst gegen großen Widerstand in der kommunalen Politik ein Ratsbeschluss erreicht werden, in dem „Münster zum sicheren Hafen“ erklärt und die Bereitschaft ausgedrückt wurde, in Seenot geratene und in großer Not lebende geflüchtete Menschen hier in Münster aufzunehmen. 
Seit dieser Zeit passierte …. Nichts!

Auch dieser Beschluss versandete in der kommunalen Politik, indem stoisch auf die Zuständigkeit des Landes und des Bundes und dort auf die europäische Zuständigkeit verwiesen wird.
Diese Untätigkeit der politischen Gremien kennen wir hier alle zur Genüge!  Auch der menschengemachte Klimawandel ist ein wesentlicher Fluchtgrund für Millionen von Menschen. U.a. Greenpeace spricht von mehr als 20 Millionen flüchtenden Menschen, die bereits heute aufgrund globaler Erderwärmung ihre Heimat verlassen müssen. Wenn sich diese Politik in den nächsten dreißig Jahren fortsetzt sind weltweit 240 Millionen Menschen bedroht. Betroffen sind insbesondere die ärmsten Länder der Welt. Während die Ärmsten dieser Welt, die an der Klimaveränderung unschuldig sind, als erste heftig durch die Erwärmung getroffen werden, verleugnen die Industriestaaten als Hauptverursacher bisher die Existenz eines solchen Fluchtgrundes und schotten sich mit geltendem Flüchtlingsrecht dagegen ab.
Diese Blockade-Politik der Industriestaaten muss unverzüglich ein Ende finden.  Deshalb stehen wir heute hier, um ausgehend von kommunalen Strategien eine globale Handlungsalternative einzufordern. Als real-utopisches Ziel stehen wir für eine Welt, in der alle Menschen in Würde und unter humanen Bedingungen leben können. Nicht mehr aber auch nicht weniger!

Zero Waste Münster e.V.:

Als Zero Waste Münster e.V. setzen wir uns aktiv gegen jede (Ressourcen)Verschwendung und für Abfallfreiheit ein und unterstützen deswegen den ‚Klimaentscheid Münster‘, denn die derzeitige Wirtschaftsweise ist die reinste Verschwendung von Ressourcen – sie gehört auf den Müllhaufen der Geschichte!

Umweltforum Münster e.V.

Wolfgang Wiemers vom Umweltforum Münster e.V.

Als “alteingesessene” Umweltverbände bedanken wir uns ganz herzlich bei den Initiatoren des “Klimaentscheids Münster” und unterstützen die Initiative mit voller Überzeugung. Die Ratsentscheidung zur Klimaneutralität aus dem Dezember letzten Jahres muss dringend mit Leben gefüllt werden und dieser Klimaentscheid mit der Forderung nach einem verbindlichen Maßnahmenplan und einem effektiven Monitoring leistet dazu einen großen Beitrag. Vor 30 Jahren haben sich Münsters Umweltgruppen und -verbände zusammengeschlossen, nicht zuletzt auch um die beginnende Klimadiskussion der 90er Jahre (Konferenz von Rio 1992) auch in Münster voran zu treiben. Nicht ohne Erfolge: Es fehlte in Münster nicht an ehrgeizigen Zielvorgaben und Maßnahmenvorschlägen. Aber bei genauerem Hinsehen stand vieles nur auf dem Papier: Maßnahmen wurden nicht oder nur sehr unvollkommen umgesetzt, die gesetzten Ziele der CO2-Minderung immer wieder verfehlt. Im Gegenteil: Es gab und gibt bis zum heutigen Tage immer wieder Entscheidungen des Rates der Stadt, z.B. im Bereich der Verkehrs- und Stadtplanung, die zu weiteren und zusätzlichen Treibhausgasemissionen führen. So haben wir z.B. schon vor 10 Jahren eine Anregung an den Rat zum Passivhausbaustandard für von der Stadt vergebene Grundstücke gestellt, die bisher, auch durch Intervention von Teilen der Stadtverwaltung und die unterschiedlichen Ratsmehrheiten nicht umgesetzt wurden. Parkhäuser wurden gebaut und so immer mehr Autoverkehr in die Stadt hineingezogen.
Es schien lange, als predigten wir tauben Ohren.

Um so mehr freuen wir uns, dass sich das in den letzten Jahren mit Greta und der Energie der jungen Klimabewegung grundlegend geändert hat: Ihr seid viele, ihr seid laut, und ihr lasst nicht locker. Ihr habt im letzten Jahr grundlegende Beschlüsse zur Klimaneutralität durchgesetzt. Ihr habt erreicht, dass auch auf der heutigen Ratssitzung zahlreiche Anträge zum Klimaschutz eingebracht wurden und die Wählerinnen und Wähler schon vor der Kommunalwahl die Möglichkeit haben, die Parteien neben den Parteiprogrammen auch nach Ihren Taten zu beurteilen. Essentiell ist für uns auch die Forderung, dass zukünftig die Auswirkungen auf die Zielsetzungen des Klimaschutzes bei allen Ratsentscheidungen geprüft werden müssen.

Ihr fordert nicht nur, sondern habt auch eure Bereitschaft erklärt, mit dem gewählten Rat, der Verwaltung und allen Menschen in Münster zusammen zu arbeiten, um das ehrgeizige, zum Überleben der Natur und der Menschen aber unverzichtbare Ziel der Klimaneutralität bis 2030 zu erreichen. Haltet das durch! Wir, die „alten“ Verbände, werden dafür nach Kräften unseren Anteil leisten.



Weitere Redebeiträge folgen als Video und Text
Videobeiträge sind hier zu finden:
https://muenstertube.wordpress.com/2020/08/28/munster-masnahmenplan-zur-klimaneutralitat-beschlossen-der-druck-der-umweltbewegungen-hat-gewirkt/