BUND, Greenpeace, NABU und KlimaEntscheid Münster
aktualisierte Version vom 29.05.2023
Die Grünordnung ist das tragende System der Grün- und Freiraumentwicklung der Stadt Münster. Sie muss in vollem Umfang erhalten und gesichert werden.
Münster soll wachsen: Darin sind sich Politik, Verwaltung und Wirtschaft einig. Folgt man dieser Logik, braucht es mehr Flächen für Wohnen, Gewerbe, Photovoltaik, Windräder . . .
Doch wo soll dieses Wachstum stattfinden? – Geht es nach den aktuellen Plänen würden 2.800 Hektar unbebaute Grün- und Freiflächen für diese Entwicklung weichen, also die Fläche von 4000 Fußballfeldern soll für neu Bauvorhaben verbraucht werden. (1)
Doch der Begriff „Freifläche“ täuscht. Denn die Gebiete, die nun zur Disposition stehen, sind nicht „frei“. Sie erfüllen wichtige Funktionen für alle Bürgerinnen und Bürger der Stadt wie auch für den Naturhaushalt:
- Felder, Wiesen, Wälder, Wallhecken und Brachen haben einen unschätzbaren Wert für unsere Gesundheit und Lebensqualität. Bereits zum LivCom-Wettbewerb 2004 hatte sich die Stadt Münster zur Grünordnung bekannt und als wesentliche Grundlage den Wettbewerbsunterlagen beigefügt.
- Grünflächen dienen der Produktion von Lebensmitteln und sind Grundlage der regionalen Landwirtschaft, die auf zusammenhängende Flächen angewiesen ist, um erfolgreich wirtschaften zu können. Würden diese Flächen durch Bebauung verbraucht, sinkt der ohnehin geringe Selbstversorgungsgrad in Münster noch weiter. (2)
- Grünflächen kühlen die Stadt und unsere Atmosphäre. (3) Vor dem Hintergrund des Klimawandels ist dies von enormer Bedeutung. (4)
- Grünflächen produzieren Sauerstoff und binden CO2. Sie bieten das Potenzial, natürliche CO2-Senken zu schaffen, die zum Erreichen der Klimaziele unverzichtbar sind.
- Grünflächen ermöglichen die Versickerung und Rückhaltung von Regenwasser. Sie helfen bei Extremwetterlagen Überflutungen zu vermeiden. (5)
- Grünflächen erhalten die belebten Böden, die Niederschlagswasser reinigen und dem Grundwasser zuführen. Dies unterstützt neben der örtlichen Trinkwasserversorgung auch den Naturhaushalt. (6)
- Grünflächen sind ausschlaggebend für die biologische Vielfalt in Münster. Sie bieten Lebensraum für Pflanzen und Tiere, wie z.B. diverse Insektenarten, die in Ökosytemen wichtige Funktionen erfüllen (Bestäubung von Wild- und Nutzpflanzen, Nahrungsgrundlage für andere Arten, Filter- und Zersetzungsfunktionen), auf denen letztlich auch unsere Existenz beruht. Daher sind die Grünflächen zu erhalten und zu entwickeln.
- Grünflächen bieten im Biotopverbund einen vielfältigen Lebensraum für zahlreiche Arten und sichern so den genetischen Reichtum, ohne den ein Überleben nicht möglich ist. Sie sind vernetzt und unzerschnitten zu erhalten.
Kein anderes städtisches Gebiet kann diese Zwecke erfüllen.
Biodiversität und Klimaschutzmaßnahmen in Siedlungen und bebauten Gebieten sind wünschenswert, stellen aber in keiner Weise einen Ersatz für die biologische Vielfalt der Grünflächen dar.
Mit dem geplanten massiven Flächenverbrauch konterkariert die Stadt den eigenen Beschluss zur Klimaneutralität 2030.
Es ist die Aufgabe des Stadtrates, über das Schicksal dieser Grünflächen zu bestimmen. Wir fordern Sie daher auf:
1. Werden Sie ihrer Verantwortung für den Bevölkerungs- und Umweltschutz in der Klimakrise gerecht!
2. Halten Sie die Flächen der Grünordnung mit ihren Grünzügen und Grünringen von jeglicher Bebauung frei!
3. Nehmen Sie die Grünordnung in der gültigen Form als verbindliche Planungsgrundlage – ohne Wenn und Aber!
Sichern Sie die Grünringe und Grünzüge der Grünordnung in der aktuellen Ausdehnung dauerhaft!
Anmerkungen:
(1) Flächennutzung in Münster
(2) Vgl. hierzu die Masterarbeit „Bestandsaufnahme der Versorgungssituation im Regierungsbezirk Münster – Berechnungen der Selbstversorgungsgrade ausgewählter Grundnahrungsmittel“ von Nina Fleiß
(3) Vgl hierzu: Deilami K, Kamruzzaman MD, Liu Y. 2018. Urban heat island effect: A systematic review of spatio-temporal factors, data methods and mitigation measures. International Journal of Applied Earth Observation and Geoinformation. 67 (2018): 30-42
(4) Vgl. hierzu die Daten des Umweltkatasters Münster unter „Klima & Energie die folgenden Bereiche: Kaltluftbahnen, Kaltluftentstehungsgebiete, Belüftungskorridore, Klimaökologische Ausgleichsräume
(5) Vgl. folgende Informationen des Umweltbundesamtes zum Themenbereich „Hochwasser“
(6) Vgl. hierzu die Angaben des Umweltkatasters Münster
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Einen kurzen Filmbeitrag vom Werkstattverfahren am Dienstag, 23.05.2023, finden Sie hier.
Bei der Online-Befragung der Stadt Münster zum „Integrierten Flächenkonzept“ können Sie hier mitmachen! Einen Kommentar zum Werkstattverfahren und der Online-Befragung finden Sie hier.
Ja, Münster soll auch im 21. Jahrhundert wachsen, aber bitte nicht nach überholten Mustern aus dem letzten Jahrhundert. Wo ist endlich die Strategie einer klimaneutralen Stadtentwicklung? Solange Politik und Verwaltung diese für unsere Stadt nicht vorlegen, müssen wir uns zwischen Wachstumsfetisch und realistischer Daseinsvorsorge entscheiden.