Stellungnahme von BUND, NABU und Klimaentscheid Münster zum „Leitfaden zur klimagerechten Bauleitplanung“ der Stadt Münster

CO2 wird in Grünflächen gespeichert. Daher muss die Stadt Münster neue Grünflächen aufbauen und bestehende Wiesen, Felder und Wälder gut pflegen, um das selbst gesteckte Ziel der Klimaneutralität bis 2030 zu erreichen. Gleichzeitig will Münster aber weiterhin ein guter Wirtschaftsstandort sein, wo sich weitere Unternehmen niederlassen und die arbeitenden Menschen wohnen können. Damit das möglich ist,  kann zukünftig im zweiten und dritten Grünring (also auf den Grünflächen) der Stadt gebaut werden. Das Ziel klimaneutral zu werden, wird so nicht erreicht. 

Die Vorlage V/0123/2023 – Anlage 1 (s. unten) klang harmlos. Unter dem Titel „Leitfaden zur klimagerechten Bauleitplanung“ beschreibt das Amt für Stadtplanung, wo es in Münster künftig erlaubt sein soll, zu bauen. Der Leitfaden wurde laut Stadtbaurat Robin Denstorff auf Grundlage verschiedenster Ratsbeschlüsse verfasst. Der Ausschuss für Klima-, Umweltschutz und Bauwesen der Stadt Münster, kurz AUKB, hat am 02.05.2023 diese Berichtsvorlage zur Kenntnis genommen. Nun muss der Bericht noch im Planungsausschuss, im Hauptausschuss und im Rat zur Kenntnis genommen werden, dann ist er bestätigt. Die Folge:  Es ist kein Tabu mehr, auch den zweiten Grünring zu bebauen. 

Der Leitfaden zur Bauleitplanung konterkariert das aktuell laufende Werkstattverfahren – einen Prozess, in dem die Vertreter*innen unterschiedlicher Interessensgruppen der Stadt einen Kompromiss darüber finden sollen, wie der begrenzte Platz in Münsters Außenbereichen künftig genutzt werden soll. Noch ehe die Diskussionsteilnehmer*innen auch nur einen Vorschlag machen konnten,  wollen die Amtsträger*innen nun Tatsachen schaffen, durch die Münsters Grüngürtel ernsthaft gefährdet sind. „So verkommt das Werkstattverfahren zur Farce“, kommentieren die Bündnisvertreter*innen.

Der Leitfaden verfolgt nur ein Ziel: „Münster muss wachsen“. Für das Bündnis Klimaentscheid ein Offenbarungseid, der allerdings wenig überraschend kommt. Bereits die Pläne für die neu zu entwickelnden Flächen der Quartiere MMQ 1 & 2 (Steinfurter Straße/Wasserweg/Appelbreistiege in Gievenbeck) zeigen: Die Grünordnung wird als lästiges Hindernis wahrgenommen, das Stadtplaner bei Bedarf umgehen. Diese geplanten Baugebiete beanspruchen und beeinträchtigen den zweiten Grünring massiv. Ganz offenbar will Münsters Bauverwaltung auch künftig so verfahren.

Beschönigend heißt es: Wenn ein Bau in den zweiten Grünring hineinragt, sei er „erheblich erschwert.“ Schließlich würde die Grünfläche in ihrer Funktion nicht grundsätzlich in Frage gestellt. Ein Hinderungsgrund klingt anders. Zumal: Worauf basiert diese Aussage? –  Soweit bekannt wurde nie geklärt, wie das Zubetonieren großer Flächen die Funktion der Grünringe beeinflusst – weder durch eine Bestandsaufnahme dessen, was diese Flächen aktuell leisten, noch durch landschaftspflegerische Gutachten. Folgerichtig ist auch unklar, wie ein etwaiger Funktionsverlust ausgeglichen werden könnte.

Will die Stadt Münster ihre eigenen Pläne zur klimagerechten Bauleitplanung ernst nehmen, darf dieses Papier nicht die Grundlage sein. Das Bündnis Klimaentscheid, BUND und NABU fordert daher:

  • Es sollte im Rat der Stadt Münster zeitnah ein Änderungsantrag zur Bauleitplanung eingebracht werden, der die in der Grünordnung verzeichneten Freiflächen als grundlegend schützenswert und damit unbebaubar anerkennt.
  • Wenn dafür ein „Leitfaden zur klimagerechten Bauleitplanung“ erforderlich ist, soll dieser auf den Ergebnissen des noch laufenden Werkstattverfahrens und den Fakten aus dem Umweltkataster der Stadt basieren.
  • Die Grünordnung der Stadt Münster (https://www.stadt-muenster.de/umwelt/umwelt-und-freiraumplanung/gruenordnung-muenster.html) stellt bisher nur ein Planungsintrument dar, muss allerdings – damit sie eine verbindliche Wirkung entfalten kann – in einen Satzungsstatus überführt werden! Das löst gleich mehrere Probleme: Es sichert dauerhaft alle in der Grünordnung dargestellten Freiflächen (drei Grünringe und sieben Grünzüge). Die Grünordnung findet Eingang in den sog. Regionalplan Münsterland. Nur so kann das Ziel erreicht werden, das in der Charta zum Werkstattverfahren steht: „Die Grünordnung ist das tragende System der Grün- und Freiraum-Entwicklung der Stadt Münster. Die Grünordnung wird zukünftig weiterentwickelt und in ihrer Umsetzung gestärkt!“         
  • Die Stadtverwaltung soll dafür sorgen, dass die in der Grünordnung verankerten Freiflächen ihre Funktion erfüllen können. Mehr noch: Sie soll ermöglichen, dass die Gebiete darüber hinaus gefördert und so weiterentwickelt werden, dass die Zahl der dort lebenden Tiere und Pflanzen wächst.

Das bedeutet:

  • Münster muss eine Übersicht der Grünordnungsflächen erstellen. Es ist zu dokumentieren, welche Flächen seit Inkrafttreten der Grünordnung verloren gegangen sind, weil sie anders genutzt (z.B. bebaut) wurden? Diese Regionen sollen gesondert erfasst und dargestellt werden.         
  • Das Bauplanungsamt soll Vorhaben zwingend die klima-, natur-, wasser- und bodenschutzrelevanten Flächen berücksichtigen, die aktuell im Umweltkataster aufgeführt sind.         
  • Die Stadt soll ihren Wunsch nach Wachstum hinterfragen. Schon jetzt ist die Trinkwasserversorgung schwierig. Wenn die Einwohnerzahl weiter wächst, brauchen nicht nur mehr Menschen Trinkwasser: Neue Quartiere versiegeln auch Flächen und beeinflussen so insgesamt  den Wasserkreislauf negativ.

All das – so das Bündnis – dürfte für die Stadt nichts Neues sein. Schließlich beschreiben die Forderungen ungefähr die Grundlagen zu Klimaneutralität und zur Grünordnung, die Münsters Rat selbst beschlossen hat. So wie es aussieht, sind dies jedoch nur schöne Worthülsen, zu denen sich mit dem Schlagwort „klimagerechte Bauordnung“ eine weitere gesellt.