Pressemitteilung
Health for Future Münster 03.01.2023

IN DER MEDIZIN SIND WISSENSCHAFTLICHE ERKENNTNISSE UNABDINGBAR – BEI LÜTZERATH ENTSCHEIDET SICH DIE REGIERUNG DAZU, SIE ZU IGNORIEREN

Die Bundesregierung und das Land NRW haben sich im Herbst 2022 mit RWE auf einen Kohleausstieg 2030 geeinigt, gleichzeitig aber auch bekanntgegeben, dass das Dorf Lützerath zerstört werden soll, um die Braunkohle darunter zu verbrennen. Seitdem schwelt Streit mit erheblichem Spaltungspotential zwischen der Klimabewegung und der Regierung in NRW.

Nun hat die Räumung in Lützerath begonnen. Die Gruppe Psychologists for Future „sehen in diesem Konflikt ein aktuelles Beispiel einer fatalen Spaltung: zwischen Menschen, die sich für den Erhalt der Lebensgrundlagen einsetzen, und einer aufgerüsteten staatlichen Exekutive, die entgegen der im Grundgesetz verankerten Verpflichtung zum Gemeinwohl privatwirtschaftliche Interessen durchboxt.“1

Dieser Einschätzung schließen wir uns an. Als Aktive der Bewegung Health for Future, in der sich Menschen aus Gesundheitsberufen für Klimagerechtigkeit und eine gesunde Zukunft einsetzen, halten wir die Entscheidung, das Dorf Lützerath zu zerstören – und den Beginn der Räumung dort – für fatal.

„Im Gesundheitssystem ist die wissenschaftliche Grundlage unserer Arbeit unerlässlich für die Gesundheit der Patient:innen, deshalb macht es uns fassungslos, dass die Bundesregierung und die Regierung des Landes NRW der Zerstörung von Lützerath zustimmen, obwohl eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zeigt, dass die Braunkohle unter Lützerath trotz der aktuellen Energiekrise für unsere Energieversorgung nicht gebraucht wird2, sagt Jana Fresen von Health for Future Münster.

In der Studie steht: „Doch selbst wenn die Kraftwerke noch in der zweiten Hälfte der 20er Jahre mit unwahrscheinlich hoher Auslastung betrieben werden, stehen auch ohne Inanspruchnahme von Lützerath mehr Vorräte zur Verfügung als benötigt.“2 Weiter heißt es dort: „Im Abgleich mit den maximal anzunehmenden Fördermengen zeigt die vorliegende Studie, dass der Vorrat im Abbaugebiet des Hauptbetriebsplans 2020-2022 für den Tagebau Garzweiler II selbst unter konservativen Annahmen auch ohne Inanspruchnahme von Lützerath ausreichend ist2.

Zudem würde ein Verbrennen der Kohle unter Lützerath ein Einhalten der 1,5 Grad-Grenze in Deutschland unmöglich machen, wie das DIW bereits 2021 zeigte.3 „Diese Ignoranz der Politik gegenüber wissenschaftlichen Erkenntnissen darf nicht länger weitergehen!“, so Jana Fresen weiter.

An den Zahlen des Gutachtens, das zum vorzeitigen Kohleausstieg mit jedoch in den nächsten Jahren erhöhter Kohleverbrennung – und der Freigabe des Ortes Lützerath zur Zerstörung – als Grundlage dient, herrschen erhebliche Zweifel, die bisher nicht ausgeräumt wurden.4

Der Kohleausstieg 2030 ist ein wichtiger Schritt. Es scheint aber möglich zu sein, dass dieser Ausstieg nun – unter anderem auch durch die geplante Verbrennung der zusätzlichen Kohle unter Lützerath – gar nicht zu einer Verringerung der gesamten Emissionen aus der Braunkohle führen wird.4

„Dass RWE den Kohleausstieg auf 2030 vorzieht, ist auch Konsequenz der jahrelangen Proteste der Klimabewegung und ein wichtiger Schritt, denn Kohleverstromung ist nicht nur treibhausgasintensiv, die Verbrennung fossiler Energieträger ist allein in Deutschland jedes Jahr für ca. 200.000 vorzeitige Todesfälle verantwortlich5, so Dr. med. Sonja-Marie Micudaj von Health for Future Münster. „Es muss aber geklärt werden, ob durch diesen vorzeitigen Kohleausstieg überhaupt Emissionen eingespart werden! Bis das geklärt ist, darf keine weitere wertvolle Fläche wie Lützerath für den Braunkohleabbau zerstört werden – zumal die Kohle dort nach wissenschaftlichen Daten gar nicht zur Versorgungssicherung gebraucht wird.“

Wir fordern ein Moratorium für Lützerath und einen Stopp jeglicher Räumungs- und Rodungsmaßnahmen, bis auf wissenschaftlicher und unabhängiger Basis eindeutig geklärt ist, ob die Kohle unter Lützerath für die Energiesicherheit benötigt wird – und wie die Emissionsreduktion der Braunkohleverstromung in den nächsten Jahren eingehalten werden soll!

Quellen:

Für Rückfragen stehen wir gern zur Verfügung, melden Sie sich dafür bei:
Dr. med. Sonja-Marie Micudaj, Health for Future Münster
muenster@healthforfuture.de