Wärmeversorgung neuer Baugebiete in Münster und Verpflichtung zur Installation von Solaranlagen

Wir begrüßen es, dass Rat und Verwaltung sich mit klimagerechter Stadtentwicklung befassen und so dem selbstgesteckten Ziel „Klimaneutralität in Münster bis 2030“ ein Stück näherkommen,“ so Dr. Johannes Spruth, Energieberater und Mitglied bei Scientists for Future (S4F) Münster. Die Bedeutung der zentralen Wärmeversorgung wird hier erkannt und in einem Dreistufenkonzept umgesetzt: Erste Priorität hat der Anschluss an das vorhandene Fernheizungsnetz. Wenn das zu lange Leitungswege erfordert, sollen dezentrale Wärmenetze, am besten mit treibhausgasfreier Erzeugung und erst im letzten Schritt eine dezentrale Versorgung erfolgen. Auf allen Ebenen soll möglichst 100 % treibhausgasfreie Energie genutzt und in neuen Siedlungsgebieten keine Gasleitungen mehr verlegt werden. Da für Neubauten außerdem ein erhöhter baulicher Wärmeschutz vorgegeben wird, ist dieses Wärmeversorgungskonzept zukunftsweisend: Zunächst Verringerung des Wärmeverbrauchs und dann intelligente Deckung des Restbedarfes mit 100 % treibhausgasfreier Energie.

Wir sehen diese Ratsvorlage als ersten Schritt für eine klimaneutrale Wärmeversorgung, da sie sich lediglich auf Neubaugebiete bezieht. Die größere Herausforderung besteht jedoch in der Versorgung der vorhandenen Gebäude, denn „Münster ist schon gebaut“. Wir schlagen vor, auch in diesem Fall daran festzuhalten, eine Vielzahl von Gebäuden an Fernheizung oder dezentrale Nahwärmeinseln anzuschließen. Hier gibt es mit der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) eine attraktive Unterstützung für Hausbesitzerinnen. Das geplante Bundesprogramm effiziente Wärmenetze (BEW) sollte darüber hinaus genutzt werden, um die Kosten für die Endverbraucher möglichst niedrig zu halten. Wichtig wäre es, in Zusammenarbeit mit Handwerkskammer, Kreishandwerkerschaft und Industrie- und Handelskammer umgehend viele Menschen weiterzubilden, um über die für die Vielzahl an Arbeiten nötigen Fachkräfte zu verfügen.

„Auch die zweite Vorlage mit der Verpflichtung zur Installation von Solaranlagen geht in die richtige Richtung“, so die S4F Münster weiter. In Bebauungsplänen wird für neue Wohngebäude grundsätzlich die Verpflichtung zur Installation einer Photovoltaikanlage mit einer Mindestleistung von 1 Kilowatt Peak (kWp) pro entstehende Wohneinheit festgesetzt. Gut ist, dass es diese Verpflichtung auch für vorhandene Bestandsgebäude geben soll, wenn eine grundlegende Dachsanierung erfolgt. Zunächst verwundert es, dass lediglich eine so kleine Mindestleistung vorgeschrieben wird. Dies ist jedoch als Anreiz zu sehen, eine möglichst sinnvolle Anlagengröße zu installieren.

Eine sehr kleine Anlage ist im Verhältnis zumKontakt: muenster@scientists4future.org Ertrag recht teuer und kaum wirtschaftlich. Bei größeren Anlagen ist jedoch meistens ein wirtschaftlicher Betrieb gegeben, sodass die Hausbesitzerinnen aus eigenem Interesse wahrscheinlich eine zum Dach passende Anlagengröße auswählen werden. Aus Gründen des Klimaschutzes sollten alle vorhandenen, geeigneten Dachflächen (und das sind durchaus auch Dächer in Ost- oder West-Ausrichtung) vollständig mit Modulen belegt werden, um so auf Münsteraner Stadtgebiet maximal Solarstrom zu gewinnen. Wir regen an, hier die Hindernisse für die Baufamilien und Hausbesitzerinnen unbürokratisch niedrig anzusetzen und ihnen – wenn gewünscht – am besten eine fertige Anlage anzubieten.

An einem unserer Infostände hat uns ein Besucher seinen Vorschlag mitgeteilt: Die Bürgerinnen stellen das Dach zur Verfügung, es gibt keine Pacht, aber nach 15 Jahren erhalten sie die Anlage geschenkt – die hält dann erfahrungsgemäß weitere 10 bis 15 Jahre. Finanziert wird die Anlage von den Stadtwerken Münster. Diese übernehmen alle Formalitäten, erhalten den produzierten Strom und können diesen vermarkten. Als zusätzlicher Anreiz könnte – je nach Kalkulation der Stadtwerke – der Strom an die Hausbesitzer*innen günstiger abgegeben werden. Nach 15 Jahren hat sich eine Photovoltaik-Anlage erfahrungsgemäß amortisiert, sodass die Stadtwerke einen Gewinn erzielen werden, da sie günstiges Geld bekommen, Anlagen im Pool errichten und so günstige Preise erzielen können, Wartungsarbeiten durch eigenes Personal durchführen können und Erfahrungen mit den bürokratischen Abläufen haben.

Da Sonne nun mal unregelmäßig scheint, sind Speicher notwendig. Es ist günstiger, Quartiersspeicher (Speicher für ganze Straßenzüge) zu installieren, als Speicher in jedem Gebäude, da Quartiersspeicher kleiner dimensioniert werden als eine Summe von Hausspeichern1. Auch Großspeicher wären denkbar. Diese haben weniger Verluste, sind besser steuerbar und viele Technologien können eingesetzt werden, nicht nur die zurzeit noch recht umweltbelastenden Lithium-Ionen-Speicher.

Für wenig geneigte Dächer gibt es bereits eine Pflicht zur Begrünung. Das ist gut damit zu kombinieren, über dem Gründach eine Photovoltaikanlage aufzuständern. Das Grün sollte dann so ausgewählt werden, dass es niedrig bleibt2.


(1) http://www.100pro-erneuerbare.com/publikationen/2020-06-Meisenzahl-Quartiersspeicher/Meisenzahl-Vorteile_Quartiersspeicher-MA2020.pdf
(2) https://stadt.muenchen.de/dam/jcr:f94f9318-15b2-44c5-81e3-89eb8651b9f5/pv_dachbegruenung.pdf