Am 22.05.2021 erschien in der WN ein Interview mit Oberbürgermeister Markus Lewe „zu den Vorbehalten gegenüber dem Flyover“ (https://www.wn.de/muenster/lewe-zum-flyover-es-geht-um-mut-fur-neues-1052625). Darin beansprucht Lewe für die Verwaltung einen „systemischen Ansatz“, sie habe „die Makroperspektive im Blick“ und argumentiere „rational“. Der Oberbürgermeister wendet sich in seinen Äußerungen dagegen, „dass in Münster eine Auto-Hasser-Politik um sich greift“, und lastet dies „Teile(n) der Radfahrverbände“ an. Den Gegnern des Projekts wirft Lewe bloße Emotionalität vor.
In seiner Stellungnahme unterschlägt Oberbürgermeister Markus Lewe, dass z.B. die Fachgruppe Radverkehr des ADFC mit einer ausführlich begründeten Stellungnahme das Projekt abgelehnt hat, gerade weil die Planung einen systemischen Ansatz mit Aussagen über die verschiedenen Verkehrsströme vermissen ließ. Auch die Mehrzahl der zu der Debatte veröffentlichten Leserbriefe arbeitet mit rationalen Argumenten.
Die Äußerungen von Oberbürgermeister Markus Lewe haben die Verbände und Gruppen, die sich zum Teil über Jahrzehnte konstruktiv, kreativ und faktenbasiert für Umweltschutz und moderne Mobilität in Münster einsetzen, sehr getroffen.
Um einer Spaltung der Gesellschaft entgegenzuwirken und die Diskussion um die Zukunft in Münster wieder entlang von Fakten zu führen, wenden sich diese Gruppen mit dem folgenden Appell an den Oberbürgermeister Markus Lewe, die verantwortlichen Politiker*innen und an die engagierte Zivilgesellschaft in Münster.
Gemeinsam Zukunft gestalten – Für gesellschaftlichen Zusammenhalt in der Klimakrise
Energiewende, Agrarwende und Mobilitätswende sind die notwendigen zentralen Bausteine für den Kampf gegen die Klimakrise. Sie sind eine historische Herausforderung – von der globalen Ebene bis hinein in die Kommunen. Dabei muss die Zivilgesellschaft gemeinsam handeln, getragen von einer Mehrheit, die Verantwortung für die Zukunft unserer Zivilisation übernimmt. Ein Zögern können wir uns jetzt nicht mehr leisten, da bereits zu viel Zeit ungenutzt verstrichen ist.
In Münster ist insbesondere die Mobilitätswende entscheidend, um den schwierigen Weg Richtung Klimaneutralität zu bewältigen. Doch anstatt die Menschen hierbei für eine gemeinsame zukunftsfeste Gestaltung von Münster zu begeistern, wird mit sachfremder Hass-Rhetorik ein Keil in die Gesellschaft getrieben.
Dieses Verhalten fügt unserer Stadt und dem Vorhaben, gemeinsam einen lebenswerten Planeten zu erhalten, schweren Schaden zu.
Für kurzfristige machtpolitische Geländegewinne wird das gemeinsame Projekt ‚klimaneutrale Stadt‘ in Münster preisgegeben. Die unterzeichnenden Gruppen sind nicht bereit, diese Spaltung der Gesellschaft auf Kosten einer lebenswerten Zukunft hinzunehmen.
Jetzt muss es darum gehen, dass sich die Stadtgesellschaft den Fakten stellt, die historischen Herausforderungen Energiewende, Bauwende, Mobilitätswende und Agrarwende beherzt annimmt, und mit der Umgestaltung der Kommune beginnt. Ein erster Schritt dazu wäre, dass Oberbürgermeister Markus Lewe den Menschen in Münster reinen Wein einschenkt und ihnen klar macht, dass es ohne große Veränderungen bis hinein in den Alltag nicht gehen wird.
Der Kampf gegen die Klimakrise ist die zentrale Herausforderung unserer Zeit. Er fordert von uns ein Umdenken, beispielsweise bei Mobilität: vom Ende von Inlandsflügen über die autoarme Innenstadt bis hin zu attraktiven ÖPNV- und Radverkehrskonzepten. Die vom Bundesverfassungsgericht eingeforderte Klimapolitik darf nicht an machtpolitischen Scharmützeln jenseits von Faktengrundlagen scheitern.
Die unterzeichnenden Gruppen fordern die gewählten Politiker:innen in Münster auf, sich der Verantwortung für die Zukunft unseres Planeten konstruktiv zu stellen. Wir fordern von der kommunalen Verwaltung, Argumente und Anliegen der Zivilgesellschaft ernstzunehmen und den Bürger:innen auf Augenhöhe zu begegnen. Wir erwarten eine sachliche Zusammenarbeit aller demokratischen Kräfte, um ganz im konservativen Sinne unsere natürlichen Lebensgrundlagen, aber auch unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung zu sichern.
ADFC Münsterland
Architects for Future Münsterland
energiewendegruppe Münster
Extinction Rebellion Münster
Greenpeace Münster
Health For Future Münster
NABU Münster e.V.
Umweltforum Münster e. V.