Das Bündnis KlimaEntscheid Münster kritisiert die Vorlage der Verwaltung (V/0628/2021), die am
29.09.2021 im Rat beschlossen werden soll. Mit der Vorlage verfehlt die Verwaltung das Ziel,
konkrete Maßnahmen zur Erreichung der Klimaneutralität 2030 in ausreichendem Umfang
entsprechend dem Beschluss des Rates vom August 2020 vorzulegen.

Pressekonferenz am 21.09.2021 vor dem Rathaus

Der KlimaEntscheid erwartet von der Politik und Verwaltung der Stadt Münster folgende
wirkungsvolle Sofort-Maßnahmen:

1) Verbindliche Klärung des Begriffs „Klimaneutralität“
Der Begriff „Klimaneutralität“ wird im öffentlichen Diskurs mittlerweile vielfältig verwendet. Was
damit konkret im Einzelfall gemeint ist, bleibt oft unklar.
Wir fordern eine strenge und echte Klimaneutralität unter Einhaltung des CO2-Budgets für die
Stadt Münster!

2) Verantwortung für Klimaaufklärung
Politik und Verwaltung müssen gemeinsam und sofort die Bevölkerung Münsters über die zu
erwartende Katastrophe aufklären.
Wir fordern daher proaktiv aufsuchende umfassende Aktionen in den einzelnen Stadtteilen, die
alle Bürger:innen über die Folgen der Klimakrise aufklären und wirksames Handeln vermitteln!

3) Die Handlungsoptionen sind vorgedacht
Die Scientists for Future und die Klimabewegung haben für alle Sektoren einfache und wirkungsvolle
Vorschläge erarbeitet, wie das Ziel „Klimaneutralität bis 2030“ erreicht werden kann.
Wir fordern: Beginnen Sie, diese umzusetzen!

4) Klimaschutz ist Querschnittsaufgabe
Die Stadtverwaltung muss Klimaschutz als Querschnittsaufgabe verstehen. Das Handeln der
Verwaltung ist nicht hinreichend auf das Ziel der Klimaneutralität 2030 synchronisiert.
Wir fordern eine „Stabsstelle Klimaschutz“, die deutlich weitergehende Kompetenzen als die
KLENKO hat, bis hin zum Veto bei einzelnen Entscheidungen!

5) Klimaschutz ist eine Gemeinschaftsaufgabe
Weder Politik noch Verwaltung noch Klimabewegung können die Aufgabe allein bewältigen.
Wir fordern deshalb unter geeigneter Moderation zusammenzuarbeiten und für diesen Prozess
eine Arbeitsgruppe zu bilden, in der Klimaschutz für die Stadt Münster ausgehandelt und
konkretisiert wird.


Ausführliche Stellungnahme des Bündnisses KlimaEntscheids Münster zur Konzeptstudie „Münster
Klimaneutralität 2030“ sowie der Vorlage V/0628/2021


Münster verfehlt beschlossene Klimaneutralität 2030


Zur Erreichung der Klimaneutralität müssen laut Studie „alle lokalen und auch überregionalen
Handlungsspielräume ausgenutzt werden“, wo laut V/0770/2019/1 „sämtliche mittelbaren und
unmittelbaren städtischen Handlungsfelder auszuloten“ sind. Der Faktor „Grünflächen und
Landwirtschaft“ ist jedoch auf Grund der BISKO-Bilanzierung gar nicht in der Konzeptstudie
berücksichtigt.
Auch ist die unter Beschlusspunkt 5 vorgesehene Entscheidung nicht adäquat, da die entsprechenden
Anfragen bzw. Anträge bereits als erledigt gelten sollen. Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass
zumindest an dieser Stelle offensichtlich der gesamte Bereich „Grünflächen und Landwirtschaft“ nicht
ausreichend berücksichtigt wurde. Daher ist diesem Beschlusspunkt aus der Perspektive des
KlimaEntscheids nicht zuzustimmen und ab sofort zwingend gleichwertig mitzubehandeln.
Die Konzeptstudie legt ebenfalls nahe, „den Umsetzungsprozess hin zur städtischen Klimaneutralität
zu beschleunigen.“ (S. 72) Diese Beschleunigung ist das Gegenteil der vorgeschlagenen
Vorgehensweise bei den Ad-Hoc-Maßnahmen, die zum Teil zunächst erneut wieder geprüft werden
sollen.
Das Bündnis KlimaEntscheid Münster spricht sich eindeutig gegen die Verkürzung der
Handlungsfelder des Klimaschutzes auf lediglich die Bereiche „Bauen und Sanieren“, „Arbeiten und
Wirtschaften“, „Energieversorgung und Erneuerbare Energien“ sowie „Mobilität“ aus; alle weiteren
Sektoren (wie u.a. auch „Grünflächennutzung und Landwirtschaft“) müssen mit einbezogen werden,
damit eine Klimaneutralität 2030 gelingen kann. Nur durch die konsequente Einbeziehung aller
möglichen Maßnahmen besteht die Chance, das höchst ambitionierte Ziel der Klimaneutralität 2030
zu erreichen.
Hierzu ist ein Paradigmenwechsel – wie er im Anhang der Studie exemplarisch für das Bauen
beschrieben wird – im gesamten „Konzern“ Münster notwendig: „Die Zielsetzung der Klimaneutralität
2030 für den kommunalen Gebäudebestand verändert die Maxime des bisherigen Planens und
Entscheidens von: ‚Was können wir mit den bereit gestellten Mitteln und vorhandenen
Personalkapazitäten maximal erreichen?‘ zur kathegorischen Forderung: ‚Was brauchen wir, um die
Zielsetzung Klimaneutralität 2030 zu erreichen?’“
Dies entspricht genau der Forderung des KlimaEntscheids, dass alle Entscheidungen der Stadt
Münster bzw. des Rates auf eine Klimaverträglichkeit hin zu überprüfen sind. So heißt es in der
Beschlussfassung vom 26.08.2020, dass „ bei allen zukünftigen Ratsentscheidungen deren
Auswirkungen auf das Erreichen des Zieles Klimaneutralität 2030 in der Beschlussvorlage deutlich
gemacht werden müssen.“
Dies bedeutet, dass die im Beschlusspunkt vorgeschlagenen Sofortmaßnahmen bei Weitem nicht
ausreichen, um wirklich durchschlagende erste Erfolge im Klimaschutz zu realisieren – zumal nur
sechs davon wirklich zeitnah zur Realisierung geplant sind. Die weiteren (durchaus sinnvollen, aber zu
geringen) Maßnahmen sollen zunächst auf die Umsetzbarkeit hin geprüft und nur bei einem positiven
Prüfergebnis umgesetzt werden. Dafür fehlt aber angesichts der Notwendigkeit für schnelles Handeln
schlichtweg die Zeit.
Auch die unter Beschlusspunkt 3 angesprochenen „gutachterlichen Maßnahmenvorschläge“ sollen
zunächst auf eine mögliche Umsetzbarkeit geprüft werden, wofür weitere Mittel bereitgestellt
werden sollen. So sehr der KlimaEntscheid Münster diese Aufstockung der finanziellen und
personellen Ressourcen begrüßt, so sehr greift auch hier das Argument der zeitlichen Dringlichkeit.
Der KlimaEntscheid Münster unterstreicht die Klarstellung unter Punkt 4, dass die „Erreichung der
Klimaneutralität ein Dauerthema“ ist. Allerdings weisen wir darauf hin, dass es nicht nur ein
Dauerthema von vielen ist, sondern stets an erster Stelle zu denken und zu bearbeiten ist, da es
schlicht um unser Überleben und das der nächsten Generationen geht. Personelle und finanzielle
Ressourcen der Verwaltung müssen hier gebündelt werden, um diese Überlebensfrage zeitnah
adäquat bearbeiten zu können. Hier sollte das Motto gelten: „Klimaschutz first!“ Es ist existenziell,
sofort vom Planen und Prüfen ins Handeln zu kommen. Daher wird in der Konzeptstudie zurecht auf
Folgendes hingewiesen: „Klimaschutz ist eine Querschnittsaufgabe. Um das Ziel der Klimaneutralität
2030 zu erreichen, ist die Dezernats- und fachübergreifende Zusammenarbeit auf allen Ebenen im
Konzern Stadt zwingend erforderlich.“ (S. 2, Anhang) Die Prozesse sind für Politik und Bürgerschaft
transparent dazustellen.
Der KlimaEntscheid Münster steht dem Bilanzierungsverfahren BISKO sehr kritisch gegenüber und
drängt darauf, eine tragfähige Definition von „Klimaneutralität“ für die Kommune zu entwickeln und
entsprechend mit den Bürger:innen in einer angemessenen Form zu kommunizieren.
Der KlimaEntscheid Münster begrüßt ausdrücklich die in der Studie eingebrachte Gegenrechnung
zwischen Klimaschutzkosten und anfallenden CO2-Kosten. Aus dieser Aufstellung wird deutlich, dass
sofortiger Klimaschutz langfristig deutlich günstiger und vor allem auch ökonomisch sinnvoll ist, da
die Kosten für Klimaschutz unter den CO2-Folgekosten durch klimakrisenbedingte Schäden liegen
würden.
Der KlimaEntscheid Münster kritisiert hingegen nachdrücklich, dass die Verwaltung mit der
vorliegenden Beschlussvorlage weit hinter den am 26.08.2020 beschlossenen Punkten zur
Klimaneutraltität zurückbleibt und damit die konstruktive Arbeit des Rates der Stadt behindert. Die
Vorlage wird keinem der Beschlusspunkte vom 26.08.2020 gerecht:

– Bis dato hat die Verwaltung keinen „konkreten und verbindlichen Maßnahmenplan“ zur
Erreichung der Klimaneutraltitat 2030 vorgelegt.

– Die zeitliche Vorgabe vom Juli 2021 wurde somit verfehlt.

– Eine Umsetzung sollte bereits ab August 2021 erfolgen.

– Den Bürger:innen der Stadt sollte nachvollziehbar aufgezeigt werden, wieviel CO2 pro Jahr in
welchen Bereichen eingespart werden soll (und wird) – hierzu soll laut aktueller Vorlage
allerdings erst Ende 2021 / 2022 eine Kommunikationsstrategie entwickelt werden. Dies ist
das komplette Gegenteil von Bürger*innenbeteiligung und Partizipation.

– Das beschlossene Monitoringverfahren ist in der vorliegenden Beschlussvorlage nicht
adäquat berücksichtigt.

– Der jährliche öffentliche Rechenschaftsbericht des Oberbürgermeisters zur Umsetzung des
Maßnahmenplans und des Erreichens der CO2-Reduktion findet sich in der aktuellen Vorlage
ebenfalls nicht wieder.

Es wird sichtbar, dass sich die Verwaltung der Aufgabe angenommen hat, Klimaneutralität in der Stadt
umzusetzten. Dieser Ansatz ist jedoch zu zaghaft. Wir sehen die Vorlage V/0628/2021 als einen
Schritt in die richtige Richtung an und fordern von der Politik eine Nachschärfung in allen ihnen
möglichen Bereichen. Dem Oberbürgermeister fällt hierbei die Aufgabe zu, diesen Prozess anzuleiten
und zu forcieren.

Das Bündnis KlimaEntscheid begrüßt ausdrücklich die in der Konzeptstudie dargestellte
Realisierbarkeit einer Klimaneutralität der Stadt Münster bis zum Jahr 2030 und fordert Politik und
Verwaltung zu sofortigem Handeln und der Umsetzung der genannten Forderungen auf.